Eine Subkultur wird salonfähig!
wastecooking setzt bei Bewusstseinsbildung an. Wir operieren mit einem Mix aus Information, Aktion und Provokation. Wir kombinieren das Koch-Format mit dem Mülltaucher-Ansatz.
„Waste Diving“, auch „Containern“ oder „Dumpstern“ genannt, ist eine Form der politisch motivierten Konsum-Verweigerung. In den Achtziger Jahren formierte sich diese Bewegung in den USA, ursprünglich auch als Protest gegen Waffenexporte. „food not bombs“ waren die ersten Aktivisten, die aus dem Zubereiten von Abfall eine öffentliche Aktion machten. Der Blick in die Geschichte zeigt, dass der Protest der „Waste Diver“ von Anfang an lautstark und öffentlich, und nicht still und heimlich war (wie heute immer wieder behauptet wird).
Auch in Europa verstehen sich „Waste Diver“ in erster Linie als Aktivisten, die gegen Lebensmittelverschwendung protestieren. Dass man sich dabei auch Geld spart, ist ein Nebeneffekt, nicht das eigentliche Ziel. In vielen Ländern, auch in Deutschland, ist Mülltauchen illegal. Das Einsammeln von Abfall aus Supermarkt-Tonnen wird als Diebstahl geahndet. In Österreich gilt Müll zwar als „herrenloses Gut“, jedes Betreten des Supermarktgeländes, nach Ladenschluss, ist aber streng genommen Besitzstörung. „Waste Diver“ bewegen sich immer in einer rechtlichen Grauzone.
Wir von wastecooking gehen dieses Risiko bewusst ein. Wir tun nichts unanständiges, wenn wir Nahrungsmittel „retten“. Wer begeht, eurer Ansicht nach, das größere Verbrechen? Der einzelne Mülltaucher, der sich das Essen aus der Tonne holt, das Stunden später in der Müllverbrennung verheizt wird, oder aber diejenigen, die für die weltweite, systematische Vernichtung von Lebensmitteln im großen Stil verantwortlich sind?
wastecooking ist ein öffentlicher Protest und ein alternativer Ansatz. Lebensmittel werden ganz konkret wiederverwertet. In Kombination mit politischen Forderungen, wird daraus ein kraftvoller Standpunkt. Neue Mülltaucher braucht das Land!
Reaktionen von Supermärkten auf wastecooking
wastecooking fragt nach
Interview mit Mag. Nicole Berkmann
Leiterin Konzernale PR und Information Unternehmenssprecherin, SPAR Österreich
vom 18. Mai 2011
Die Fragen wurden per Mail beantwortet.
wastecooking: Wie können Sie es sich erklären, dass nahezu die Hälfte aller produzierten Lebensmittel weggeworfen wird?
Berkmann: Den Prozentsatz wage ich zu bezweifeln. Man muss – gerade auch, wenn man verschiedene Filme zum Thema als Infoquelle heranzieht – schon genauer schauen und differenzierter nachfragen. In Österreich ist die Situation zum Beispiel sicher anders als in den USA.
wastecooking: Wenn wir über Lebensmittel-Verschwendung sprechen, welche Verantwortung sehen Sie da beim Handel, bei den Supermärkten, bei „Spar“?
Berkmann: Es werden Lebensmittel entlang der gesamten Kette weggeworfen, aus unterschiedlichen Gründen. Ein großer Teil in der landwirtschaftlichen Produktion, ein Teil in der industriellen Fertigung, ein Teil im Handel, ein Teil bei den Konsumenten. Man muss also an allen Stellen ansetzen. Wir tragen als Handel einen Teil der Verantwortung.
wastecooking: Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen?
Berkmann: Es bleibt im Lebensmittelhandel weit weniger übrig als man gemeinhin meint, weil die Bestellsysteme bereits derart automatisiert und perfektioniert sind, dass die Ware bedarfsgerecht ins Regal kommt. Auch einige Entwicklungen tragen zu einer Reduktion bei: Zum Beispiel haben wir überall Brotbacköfen, sodass wir Gebäck wirklich nach Bedarf backen und aufbacken können, sodass wenig am Abend übrig bleibt. Die hygienischen Bedingungen in der Milchprodukte-Produktion haben sich verbessert, sodass die Produkte länger haltbar sind und daher einfacher disponiert werden kann.
1. Am meisten wird beim Obst und Gemüse weggeworfen und bleibt bei der Feinkost und im Milchproduktebereich übrig. Diese Produkte geben wir an allen Standorten, bei denen dies möglich ist, an eine Organisation, die diese wiederum an Bedürftige verteilt. (z.B. Team Tafel Österreich, Vinzi Märkte, Laub Hallein, Soma-Märkte, Tischlein deck dich,…..)
2. Soeben haben wir ein Projekt eingeleitet, bei dem wir – gemeinsam mit einer darauf spezialisierten Organisation – versuchen wollen, 5 % der Lebensmittelabfälle, die bei uns anfallen, zu reduzieren.
3. Wir klären Konsumenten auf, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum ein Richtwert ist und es nicht sein muss, dass das Lebensmittel nach Erreichen des MHD nicht mehr genießbar ist.
wastecooking: Wie stehen Sie zum Thema „Waste Diving„? Dürfen so genannte Mülltaucher in den Tonnen von „Spar“ Lebensmittel einsammeln? Laut einem Artikel im „Apropos“ toleriert „Spar“ die Praxis des Müll-tauchens, so lange keine Schäden angerichtet werden … wenn dem so sein sollte, halten wir diese Einstellung für sehr bemerkenswert, weil das Thema „Waste-Diving“ (als Protest gegen die Wegwerfgesellschaft) immer salonfähiger wird, und wir der Meinung sind, dass es Sinn macht auf einander zu zugehen- weil das Thema Lebensmittelverschwendung von existentieller Bedeutung für alle ist …
Berkmann: Ja, das stimmt, wir tolerieren es, solange es keine Probleme damit gibt. Allerdings ist es aus unserer Sicht noch kein Thema, das immer salonfähiger wird. Man redet halt mehr drüber, aber es gibt sehr wenige Menschen, die das machen. Wir registrieren das zumindest nur an sehr wenigen Standorten.
Frau Mag. Nicole Berkmann: wastecooking bedankt sich für das Gespräch!