Die Lebensmittel, die wir in Europa wegwerfen, würden zweimal ausreichen, um alle Hungernden der Welt zu ernähren.

Es reicht diese eine Zahl, um klar zu machen: der eigentliche Mist ist das System der Verschwendung, das buchstäblich zum Himmel stinkt. Wir protestieren gegen diesen Wegwerf-Wahn, und fahren unsere Gemüse-Gulasch-Kanonen auf.

In München stehen „Waste Diver“ vor Gericht, weil sie Brot, Obst und Gemüse aus den Tonnen eines Discounters geholt haben. Sie werden des Diebstahls und des Hausfriedensbruchs angeklagt. In Spanien erhält die Mülltaucher-Bewegung immer neuen Zulauf. Aus der Not wird eine Tugend gemacht. Gemeinsam sammelt man weggeworfene Lebensmittel ein, teilt sie auf und kocht gemeinsam. In Brüssel wird gegen Agrarsubventionen und Nahrungsmittelspekulationen demonstriert. Das neoliberale Wirtschaftssystem steht im Zentrum der Kritik. Alternative Modelle der Wiederverwertung treten immer stärker auf den Plan.

Das Thema ist zu wichtig, um es allein der aktuellen Berichterstattung im Fernsehen zu überlassen. Wir versuchen einen künstlerisch-filmischen Ansatz, der viele Ebenen zusammen denkt, Lebensmittelverschwendung begreifbar macht und kreative, kulinarische Lösungsansätze aufzeigt.

wastecooking ist eine Gemeinschaft aus Filmemachern, Mülltauchern und Köchen, wir sind Piraten des Herds, und Müll-Tonnen-Helden der Nacht! Wir sind im Netz zu Hause, auf öffentlichen Plätzen und an (fast) geheimen Orten.

wastecooking ist überall dort, wo der Müll der Einen zum leckeren Essen der Anderen wird. Unser Gewissen sagt uns, dass wir nichts Verbotenes tun, wenn wir Abfall zu neuem Leben erwecken.

 

Persönliche Motivation

von David Gross, wastecooking-Gründer

 

Ich bin Filmemacher, ausgebildeter Koch und passionierter Waste Diver.

Mit 10 beobachtete ich in Wien zum ersten Mal einen Obdachlosen, der in Mülltonnen wühlte. „Eklig“ sagte eine Passantin. Vor knapp 3 Jahren sah ich im Weltjournal eine Reportage über „Waste Diver“ in New York . Die Mülltaucher wurden von Supermarkt-Angestellten beschimpft und setzten sich zur Wehr. Das Thema ließ mich nicht mehr los.

Im Jänner 2012 ging ich zum ersten Mal in Salzburg Mülltauchen. Ich war zwar auf große Mengen gefasst, doch das Ausmaß der Verschwendung machte mich sprachlos.

 „Diese Wegwerf-Mentalität ist das eigentlich Ekelhafte!“

In den typischen TV Koch-Shows sehe ich Starköche, die sich einen peinlichen Wettkampf liefern. Es geht nicht um Essen, es geht um den Promi-Faktor. Im „Dschungelcamp“ werden Heuschrecken, Spinnen und Würmer hinuntergewürgt. Als Zuschauer kann Einem dabei nur schlecht werden. Diese Entwertung der Lebensmittel ist ein Hauptgrund für die ungeheuerliche Dimension der Verschwendung.

Nach einer „Diving-Tour“, kam mir beim Kochen der „Abfälle“ der zündende Gedanke. „Du musst eine gesellschaftskritische Kochshow machen, in der alle verwendeten Zutaten aus dem Müll sind!“ Das war die Geburtsstunde von wastecooking.

Ich verstehe wastecooking als „artivism„. Wir operieren an der Schnittstelle zwischen Kunst, Politik und Aktionismus. Wir wollen Lebensmittelverschwendung erfahrbar machen. Mit allen Sinnen. Mit Gefühl und Intellekt. Wir nehmen die soziale und die politische Dimension des Themas ernst. Im Kern geht es um den Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Die Überproduktion muss gestoppt werden. Wir müssen uns in der Kunst des Recyclings üben. wastecooking fängt mit Lebensmitteln an. Ein Tropfen auf den heißen Stein? Ja, das stimmt. Doch steter Tropfen höhlt den Stein.

food is culture … don’t waste it – cook it!

 

Hintergrund